Chronik
Alles begann im Jahre 1867.
Nach dem Bruderkrieg deutscher Stämme scharten sich in hiesiger Stadt eine Anzahl Kriegsteilnehmer zusammen, um den Verein „Bayerischer Kampfgenossen“ zu gründen. Ihnen gesellte sich ein Teil sangesfreudiger Männer bei, welche das „Singkränzchen“ bildeten. So gruppierte sich der Verein aus den Aktiven (Feldzügler) und Passiven (Sänger).
Wie Zwillinge in einer Wiege wuchsen beide Korporationen auf, sämtliche Vereinsveranstaltungen wurden gemeinsam gefeiert. Man traf sich im Vereinsheim „Zur Linde“ unter der Leitung des ersten Dirigenten Karl Röder.
Reges Kulturleben
Mit Gesang stets dabei
Im Laufe der Zeit kam es aber zwischen beiden Formationen öfter zu Meinungsverschiedenheiten, die darin endeten, dass sich die beiden Gruppierungen trennten, nicht ganz freundschaftlich, und das „Singkränzchen“ wurde eigenständig.
1872 wurde es in „Gesangverein Sängerlust“ umgetauft. Seither hat er das Schweinfurter Kulturleben bis in die heutige Zeit hinein aktiv mitgeprägt.
Der Chor beteiligte sich an den Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag, wie auch später zum 200. Geburtstag, des Heimatdichters Friedrich Rückert und wirkte bei der Enthüllung des Rückert-Denkmales mit, ebenso bei der Jahrhundertwendefeier auf dem Marktplatz.
Ferner wirkte er beim Junggesang der wiedererrichteten Städtischen Singschule mit und unterstützte die Feierlichkeiten zur Grundsteinlegung des Neuen Rathauses und zum 700jährigen Bestehen der Freien Reichsstadt Schweinfurt. Man nahm immer wieder an großen Sängertreffen des Fränkischen und Deutschen Sängerbundes teil.
So fand das Fränkische Bundessängerfest 1892 und 1966 in Schweinfurt statt, Ausrichter waren der Liederkranz, Gesangverein Schweinfurt und die Sängerlust.
Brüderliche Verbundenheit
Mit Gesang stets dabei
Die brüderliche Verbundenheit zu anderen Vereinen war bekannt, die Sängerlust war ein gerngesehener Gast und wurde immer wieder zu großen Feierlichkeiten und Ereignissen eingeladen.
Bei der Austragung des „Valentin-Becker-Preises“ in Bad Brückenau mit Uraufführungen der jeweiligen Komponisten wirkte man 1953, 1957 und 1961 mit. Im Bayerischen Rundfunk sang der Männerchor 1954 und 1963. Ebenso beteiligte sich der Chor bei der CD-Aufnahme des Stadtverbandes Musik im Jahr 1996 und 2003 bei der Erstellung einer CD mit Weihnachtsliedern.
Schwere Zeiten erlebte die Sängerlust während des ersten Weltkrieges. Viele Männer mussten an die Front. Die Hauptaufgabe der Daheimgebliebenen war, den Verein so gut wie irgend möglich zusammenzuhalten, den Kontakt mit den im Felde Stehenden aufrecht zu halten, durch Briefverkehr und Übersendung von Päckchen, den sog. „Liebesgaben“, die Sangesbrüderlichkeit und Treue zu bewahren.
Gemischter Chor
Volkslied, Kunstlied und Kantaten
Nach dem Krieg dauerte es eine geraume Zeit, um wieder geordnete Vereinsverhältnisse zu schaffen, wenn nicht Jahre, um erneut unbefangen nach großen Entbehrungen an Festivitäten und gesangliche Aktivität zu denken.
Es wurden Frühlings- und Herbstfeste, Theateraufführungen und Gartenfeste, Advents- und Weihnachtsfeiern organisiert. Man nahm ebenso an Sängerwettstreiten teil oder man gestaltete Feste anderer Schweinfurter Vereine mit.
1922 gab es Anlass, neben dem reinen Männerchor einen gemischten Chor ins Leben zu rufen, mit dem Ziel, das Volkslied im alten und neuen Satz zu pflegen sowie Kantaten und Kunstlieder zu singen.
Mitte des 20. Jahrhunderts
Allen Widrigkeiten zum Trotz
Mit großem Erfolg veranstaltete man in den folgenden Jahren eigene Konzerte und absolvierte viele Gastauftritte. 1943 musste der Probenbetrieb wegen kriegerischer und politischer Einflüsse eingestellt werden.
Durch Kriegseinflüsse verlor man 1944 die Vereinsfahne und das gesamte Vermögen, das Vereinsheim „Hartmann am Wall“ wurde durch Bomben zerstört.
1945 verbot die Besatzungsmacht den Vereinsbetrieb, man durfte ihn ein Jahr später wieder aufnehmen, aber man stand vor dem Nichts.
In dieser Zeit bot der Liederkranz der Sängerlust an, mit ihm zu proben und auch gemeinsam aufzutreten, was man gerne annahm. Große Werke wurden aufgeführt:
„Die Schöpfung“ von Joseph Haydn oder „Deutsches Requiem“ von Johannes Brahms.
Diese Zusammenarbeit dauerte zwei Jahre, 1949 nahm die Sängerlust ihre selbstständige Vereinstätigkeit im neuen Probenlokal „Herzogbräu“ wieder auf unter dem Chorleiter Max Dippold, der dieses Amt dann 31 Jahre innehatte.
Singen unter neuer Flagge
Neuanfang im Vereinsheim
Zum 85. Stiftungsfest 1952 wurde die neue Fahne geweiht. Ein Jahr später konnten die Proben im wiedererstandenen Vereinsheim „Hartmann am Wall“ stattfinden, mit eigenem Flügel, der ausschließlich durch Spenden der Sängerlustmitglieder finanziert war.
Rege Sängerlustfamilie
Zusammenhalt macht stark
Gemeinsames Denken und Handeln war in der Sängerlust schon immer sprichwörtlich.
Vorwärts denken, organisieren zum Wohle des Vereins – man spricht nicht umsonst, auch heute noch, von der „Sängerlustfamilie“!
Am 01. Oktober 1962 wurde auf Initiative Vera Jäckels das Vereinsblatt „Faktotum“ ins Leben gerufen, das heute noch dreimal im Jahr erscheint. Ist es doch eine wunderbare Möglichkeit, auch Freunden und Gönnern das Vereinsgeschehen auf diese Weise näher zu bringen.
Wunderbare Meilensteine
Partner im Gesang
Ein wichtiger Meilenstein der Sängerlust 1867 war das Festprogramm zum 100jährigen Bestehen. Als Höhepunkt wurde die „Mainkantate“ uraufgeführt, die Paul Zoll eigens zu diesem Zweck komponiert hatte. Das Original davon befindet sich im städtischen Archiv.
Am 23. April 1967 wurde der Sängerlust im Alten Residenztheater in München in einer dem Lob des Chorgesangs gewidmeten Feierstunde die vom damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss gestiftete „Zelter-Plakette“ überreicht.
Dies war eine Auszeichnung für Chorvereinigungen, die sich in langjährigem Wirken besondere Verdienste um die Pflege der Chormusik und des „Deutschen Liedgutes“ und damit um die Förderung des kulturellen Lebens erworben haben. Plakette und Urkunde nahm der 1. Vorsitzende Ludwig Jäckel aus den Händen des damaligen Kultusministers Dr. Ludwig Huber entgegen.
1968 übernahmen mehrere männliche Mitglieder der Sängerlust die Rolle des FC-Chores „Mostgöker“, aus denen einige Jahre später die „Lustigen Sänger der Sängerlust“ wurden.
1982 entschlossen sie sich dann, einen vereinsunabhängigen Chor zu gründen. Die „Sängerfreunde“ waren geboren aus dem Schoße der Sängerlust.
Städtepartnerschaften
Gemeinsame Pflege des Gesangs
Was 1963 beim ersten Schüleraustausch der Gymnasien der Städte Schweinfurt und Châteaudun in die Wege geleitet wurde, gipfelte in jahrzehntelange Städtepartnerschaft und Freundschaft. 1980 ergab sich dann für die Sängerlust, mit dem 1. Vorsitzenden Bernd Roscher, die Möglichkeit einer ersten Kontaktaufnahme zur französischen Chorgemeinschaft „Arc en ciel“ mit deren Präsidentin Simonne David. Durch gegenseitige Besuche und gemeinsame Konzerte in den Folgejahren entstanden auch private Verbindungen und Freundschaften, die bis zum heutigen Tag Bestand haben. Diese zu festigen und zu erhalten war man auf beiden Seiten immer bestrebt.
So kam es bei einem partnerschaftlichen Gegenbesuch der Sängerlust in Châteaudun im Mai 1983 am Abschiedsabend zur spontanen Ernennung Madame Davids zur Ehrenpräsidentin der Sängerlust, die durch eine Urkunde besiegelt wurde.
Freundschaftliche Bande
Brücken von Ost nach West
Ein erlebnisreiches Jahr war auch 1990. Die Wiedervereinigung Ost- und Westdeutschlands, an die man kaum noch glaubte, wurde uns geschenkt.
Durch die 1. Vorsitzende Vera Jäckel, die in Suhl beheimatet war, knüpften sich freundschaftliche Bande nach Meiningen und zum dortigen Chor „Energie Eisenbahn“, die spätere „Meininger Chorgemeinschaft“, unter der Leitung von Wolfgang Liesk.
Es erfolgten erste gegenseitige Besuche einzelner Chormitglieder, bis es sich zu großen Konzertauftritten auf beiden Seiten entwickelte. Im Jahr 2013 formierte sich die Chorgemeinschaft neu zum „Max-Reger-Chor Meiningen“, und man ist von Seiten der Vorstandschaft bemüht, diesen freundschaftlichen Kontakt weiterhin aufrecht zu erhalten.
Ebenso ereignisreich verlief 1994 der Besuch der Gäste aus Seinäjoki, der finnischen Partnerstadt Schweinfurts.
Auf Einladung der Deutsch-Finnischen Gesellschaft und der Stadt Schweinfurt kam das Zusammentreffen der Partnerchöre „Seiäjoen Sekakuoro“ und der Sängerlust 1867 zustande. Die Organisation und Betreuung des finnischen Chores lag überwiegend in den Händen der Sängerlust mit dem 1. Vorsitzenden Erich Lindner.
Aus dem verantwortlichen Tun und Handeln der Vereinsvorfahren heraus hat sich bei den heutigen Verantwortlichen auch ein ausgeprägtes kulturelles und soziales Engagement entwickelt und gehalten.
So war es eine Selbstverständlichkeit, den Knabenchor aus Tallinn – Estland zum traditionellen Deutschhofsingen einzuladen. Der Jugendchor weilte im Jahr 1999 auf Einladung des Fränkischen Sängerbundes im Rahmen der Europäischen Jugendchortage in Schweinfurt.
Die Jugendlichen hatten einen Tag Leerlauf, und so lag für ein paar ersprießliche Stunden die Betreuung in Händen der Sängerlust.
Für die Chormitglieder eine beachtliche Begegnung mit einem hochqualifizierten Knabenchor.
Dynamischer Chorleiter
Seit 30 Jahren mit viel Engagement
Seit November 1987, nach einem spektakulären Chorleiterwechsel, war die Sängerlust in der Neuzeit angelangt. Man hatte in dem Gesangs- und Musikpädagogen Bernhard Oberländer einen jungen, dynamischen Chorleiter gefunden, der bis heute für den Chor komponiert, arrangiert und mit Können, Gespür und Humor traditionelles Liedgut sowie moderne Lieder und Evergreens mit den Sängerinnen und Sängern einstudiert.
In diese Zeit fiel auch der Umzug in das neue Vereinsheim „Jugend- und Kulturhaus Spinnmühle“, nachdem 1991 „Hartmann am Wall“ dem Bagger zum Opfer fiel.
Das Betriebsklima war sehr gut, Chorleiter und Vorstandschaft ergänzten sich vorbildlich. Man hatte sich sprichwörtlich „auf zu neuen Ufern“ begeben.
Die künftigen Auftritte und Darbietungen in der Öffentlichkeit waren anspruchsvoller Art.
Aber vor allem das Zusammentreffen singender oder gesellschaftlicher Art mit befreundeten Chören oder Freunden hatte und hat immer noch oberste Priorität.
Vergangenheit verpflichtet
Gern gesehene Begleiter
Man fühlt sich weiterhin dem Grundgedanken der großen ehrlichen Vergangenheit der Sängerlust verpflichtet. Freude, Fröhlichkeit und wohlklingende Töne in Krankenhäuser oder Altenheime zu tragen, macht dem Chor immer Spaß.
Man lässt es sich nicht nehmen, Veranstaltungen der Stadt oder des Stadtverbandes Musik, Auftritte im Wohnstift Augustinum und das „Abendsingen der Schweinfurter Chöre“ zu gestalten oder zu begleiten.
Das feierliche Adventssingen in der ehrwürdigen St. Salvatorkirche und St. Michael, oder das bei den Schweinfurtern beliebte „Offene Singen“ im Gut Deutschhof, immer treu begleitet vom Evangelischen Posaunenchor unter Wolfhart Berger, sind aus dem Terminkalender nicht mehr wegzudenken.
Feiern mit Freunden, Schlachtschüssel, Enten- oder Spanferkelessen, Grillfeste und Weihnachtsfeiern, auch Theaterfahrten gehören zum gesellschaftlichen Leben und sind gepflegte Selbstverständlichkeiten.
Zum Wohle der Musik
Weitläufig engagiert
Doch die Sängerlustler haben sich nicht nur in ihrem Heimatverein eingebracht, nein, sie leisteten auch in wichtigen Funktionen im Fränkischen Sängerbund und Sängerkreis Schweinfurt gute Arbeit zum Wohle der Musik und des Gesangs – und das bis heute.
So fungierte ab 1974 Walter O. Sommer viele Jahre als Kreisvorsitzender, Stellvertreter war Bernd Roscher; Kreisschatzmeister Konrad Walther; Beisitzer Emmi Link und Günther Schrempp; als Kassenprüfer war Otto Kupfer tätig.
Ehrenvorsitzender des Sängerkreises und Bundesvorsitzender des Fränkischen Sängerbundes war Max Dippold.
Ab 2010 war Bernhard Oberländer stellvertretender Kreischorleiter und hat seit 2014 das Amt des Kreischorleiters inne, Schatzmeisterin ist Heike Bauer.
Der Sängerkreis Schweinfurt wird noch heute als der leistungsfähigste und aktivste Kreis im Fränkischen Sängerbund genannt.
Neue Wege beschreiten
Sängerlust im Wandel der Zeit
Aber eine 150jährige Tradition heißt nicht automatisch, dass es in diesem Sinne so weitergeht und man sich auf seinen Lorbeeren ausruhen kann. Der Wandel der Zeit bringt es mit sich, neue Wege zu beschreiten, um auch die Jugend zum Chorgesang zu bewegen.
Hier heißt es, die Balance zu finden zwischen dem Wahren der Tradition auf der einen Seite und der Aufgeschlossenheit gegenüber der Moderne auf der anderen Seite.
Blicken wir also mit Mut und Zuversicht auf die vor uns liegende Wegstrecke, denn:
„[…] dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer.“
(Xavier Naidoo)
Aber gemeinsam schaffen wir das!